Corona und Kurzarbeit – Das Comeback der betriebsbedingten Kündigung?

Das weltweite Auftreten des Corona-Virus hat im Zusammenhang mit einem fast dreimonatigen Lockdown zu einem erheblichen Rückgang der wirtschaftlichen Tätigkeit geführt. Führende Wirtschaftsforscher sagen für das Jahr 2020 eine Rezession voraus und die in eine V-förmige Erholung der Weltwirtschaft im Jahr 2021 gesetzten Hoffnungen sind mehr als vage und könnten sich als trügerisch erweisen.

Laut einer IG-Metall-Umfrage ist jeder zehnte Betrieb in der Automobilbranche bereits jetzt akut von Insolvenz bedroht. Das trifft ganz schnell 150.000 Beschäftigte, die rasch in die Arbeitslosigkeit fallen könnten – gerade im Bereich der Zuliefererindustrie. Es drohen also betriebsbedingte Kündigungen, spätestens wenn das Thema Kurzarbeit irgendwann ausläuft.

Unter welchen Voraussetzungen kann also betriebsbedingt gekündigt werden?

Ein außerbetrieblicher Grund wie die Corona-Pandemie und dadurch bedingter Auftrags- und Umsatzrückgang ist durchaus dazu geeignet, zu einem dauerhaften Arbeitsmangel und Wegfall von Beschäftigungsbedarf in Unternehmen zu führen. Den Nachweis darüber muss im Streitfall der Arbeitgeber führen und die Gerichte stellen daran hohe Anforderungen.

Hat der Arbeitgeber Kurzarbeit eingeführt, spricht dies zunächst einmal gegen einen dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfs. Der Arbeitgeber muss bei einem gesunkenen Arbeitsbedarf zuerst alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Arbeitszeit der Beschäftigten ausschöpfen, bis hin zu „Kurzarbeit Null“ bevor betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden dürfen.

Auch innerbetriebliche Gründe können den Arbeitgeber zur Vornahme von betriebsbedingten Kündigungen veranlassen. Darunter sind insbesondere Maßnahmen wie die Fremdvergabe von Aufträgen oder Outsourcing zu verstehen. So darf der Arbeitgeber seinen Betrieb so neu organisieren, dass einzelne Tätigkeiten künftig an freie Mitarbeiter und/oder im Rahmen von Werkverträgen erledigt werden. Ebenso ist es zulässig, Aufgaben umzuverteilen oder einzelne Hierarchieebenen abzubauen.

Wird ein Betrieb oder Betriebsteil stillgelegt, können die davon betroffenen Mitarbeiter ebenfalls gekündigt werden. Im Einzelfall kann es erfahrungsgemäß schwierig werden, eine Betriebsstillegung von einem Betriebsübergang zu unterscheiden. Dabei ist vor allem die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu beachten, wonach es entscheidend darauf ankommt, ob die wirtschaftliche Einheit beim Übergang ihre Identität bewahrt.

Darf der Arbeitgeber betriebsbedingt kündigen, wenn es eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen gibt?

Nein, das darf er natürlich nicht. Im Gegenteil muss er dem Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz anbieten, wenn dieser frei, also unbesetzt ist. Die Weiterbeschäftigung muss dem Arbeitnehmer selbst zu geänderten oder schlechteren Bedingungen angeboten werden, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden darf – solange der Arbeitnehmer die für die freie Stelle erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt. Sogar freie Teilzeitstellen müssen daher vor der Kündigung angeboten werden oder auch eine Erhöhung der Arbeitszeit. Anstelle einer einvernehmlichen Vertragsänderung kann der Arbeitgeber einseitig eine Änderungskündigung aussprechen, also die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu anderen Bedingungen. Aus Arbeitnehmersicht empfiehlt es sich, die geänderten Arbeitsbedingungen unter Vorbehalt zu akzeptieren und die Änderung beim Arbeitsgericht mit einer Änderungsschutzklage rechtlich überprüfen zu lassen.

Grundsätzlich ist es nicht möglich eigene Mitarbeiter durch Leiharbeitnehmer zu ersetzen oder neue Mitarbeiter befristet einzustellen oder Befristungen zu verlängern.

Muss eine Sozialauswahl stattfinden?

In solchen Betrieben, in denen regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden gilt das Kündigungsschutzgesetz. Daher muss vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung zwingend eine Sozialauswahl durchgeführt werden. In die soziale Auswahl müssen alle objektiv vergleichbaren Arbeitnehmer einbezogen werden. Die Vergleichbarkeit ist einerseits anhand der Fähigkeiten und Kenntnisse der infrage kommenden Mitarbeiter festzustellen andererseits anhand der ausgeübten Tätigkeiten, die austauschbar sein müssen.

Mitarbeiter, für die ein gesetzliches oder tarifvertragliches Kündigungsverbot gilt, sind grundsätzlich aus der Sozialauswahl herauszunehmen.

Bei Durchführung der Sozialauswahl hat der Arbeitgeber einen gewissen Wertungsspielraum. So kann das Lebensalter des einen Mitarbeiters im Einzelfall deutlich weniger schutzwürdig sein als die Unterhaltspflichten des anderen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der ältere Mitarbeiter bereits die Voraussetzungen für die Regelaltersrente erfüllt.

Der Arbeitgeber ist auch befugt, die soziale Auswahl nach Altersgruppen durchzuführen, um eine ausgewogene Personalstruktur in seinem Betrieb zu erhalten und einer Überalterung der Belegschaft entgegenzuwirken. 

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